Alard du Bois-Reymond

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Alard du Bois-Reymond

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About Alard du Bois-Reymond

Amtsdirektor im Kugelhagel

Alard du Bois-Reymond, der neue Chef im Bundesamt für Migration, will abgewiesene Nigerianer rasch zurückschaffen, stoppt aber die Ausschaffungsflüge. Portrait eines kriegsversehrten Beamten. Von Daniel Glaus Mit Sturmfeuer aus Kalaschnikows vertrieben hungernde Nomaden in Somalia 1990 den IKRK-Delegierten Alard du Bois-Reymond. Der 29-Jährige konnte noch in seinen Landrover hechten und im Kugelhagel davonrasen.

Mit dem Taschenrechner hatte der studierte Volkswirt die Unterernährungsquote berechnet, um zu entscheiden, ob das IKRK Nahrungsmittel liefern sollte. Du Bois-Reymond liess Frauen und Kinder, teilweise nach langen Märschen, in einer Reihe auf den Boden sitzen, damit er sie untersuchen konnte. Er schritt die Reihe ab, zählte, rechnete und kam zum Schluss: Nein, erforderliche IKRK-Kennzahl knapp nicht erreicht, ergo keine Hilfslieferungen. Die Frauen warfen Steine nach ihm, die Männer entsicherten ihre Kalaschnikows. Du Bois-Reymond entkam unversehrt und entsorgte, unter dem Gelächter der erfahrenen Delegierten, seinen Taschenrechner.

Der neue Chef im Bundesamt für Migration (BFM) sagt heute: «Die Nomaden hatten recht. Ich habe Mist gebaut. Mein Entscheid war zu engstirnig.» Dabei hatte sich das du Bois-Reymond in seinen Bubenträumen glorios vorgestellt. Als Jugendlicher sah er in einem Film Rotkreuz-Lastwagen über afrikanische Sandpisten brausen. Das wollte er auch. Später schrieb er sich an der Universität Zürich in Volkswirtschaft ein. Kurz war er beim Bankverein, dann absolvierte er an der ETH das Nachdiplomstudium für Entwicklungsländer, das öffnete die Tür zum IKRK.

Distanz zu eigenen Emotionen Du Bois-Reymond ist ein kontrollierter Analytiker mit selbstdiagnostiziertem «Helfersyndrom». Er will entscheiden, führen – und provoziert dabei. Als IV-Chef sagte er, «Ex-Jugoslawen und Türken» fielen überdurchschnittlich als Betrüger auf. Er stellte fest, dass IV-Detektive im Kosovo Morddrohungen erhielten, und stoppte die Zahlungen. Nun, als Vorsteher des BFM, benennt er nigerianische Asylsuchende als Problem, weil «99,5 Prozent» keine Chance auf Asyl haben und der Grossteil illegal hier sei, um illegale Geschäfte zu machen. Den Islamischen Zentralrat der Schweiz bezeichnete er in einem Interview der NZZ am Sonntag als «Dialog-resistent», er zog Parallelen zu den Terroristen der RAF.

Der Mann spricht Klartext – er ist ein Hardliner, der auf Kriegsfeldern in Somalia und Ex-Jugoslawien lernte, Distanz zu eigenen Emotionen aufzubauen. Du Bois-Reymond nimmt für sich in Anspruch, auf diese Weise Menschen in Not am besten «helfen» zu können.

Der FDP-Sympathisant folgte auf Eduard Gnesa, den Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf entliess. Du Bois-Reymond trennte sich von den BFM-Vizedirektoren Urs Betschart und Jürg Scheidegger und baut das Amt um. Für FDP und SVP handelt das BFM zu langsam und inkonsquent, für die Linken zu unmenschlich. Du Bois-Reymond hütet sich, Stellung zu beziehen. Er kontert die Vorwürfe mit dem technokratischen Vorschlag einer Prozessorganisation. Für jedes Asylgesuch solle es eine verantwortliche Person geben. Zehn Prozent der Kaderstellen fallen weg, zwei Drittel der Kader müssen sich neu bewerben. Du Bois-Reymond will das BFM schneller machen: «Die Dossiers gehen durch zu viele Hände», sagt er, deshalb dauerten die Verfahren zu lange. Ein weiteres Problem, gerade bei den chancenlosen Nigerianern, sei, dass die meisten ihre Herkunft verschleiern und sich nicht zurückschaffen lassen.

Delikate Asylanträge aus Guantánamo Ironischerweise ist der neue BFM-Direktor gerade bei den Rückschaffungen nach Nigeria massiv unter Druck geraten. Alle Sonderflüge mit abgewiesenen Asylbewerbern hat er gestoppt. Am 17. März war am Flughafen Zürich ein Nigerianer auf dem Weg ins Flugzeug gestorben. Du Bois-Reymond war Zeuge der gewaltsamen Ausschaffung. Wie der Mann genau starb, habe er nicht gesehen, sagt er. Aber er ordnete sofort einen Flugstopp an, bis geklärt ist, was falsch lief. Dieser Entscheid wurde heftig kritisiert: Einige Kantone mussten bereits Ausschaffungshäftlinge aus dem Gefängnis entlassen, weil sie nicht ausgeflogen werden können und die Haftfrist abläuft. Politiker von CVP, FDP und SVP fordern, dass die Flüge rasch wiederaufgenommen werden.

War der Stopp der Ausschaffungsflüge eine emotionale Reaktion auf das aufwühlende Erlebnis? «Ich habe schon viel vom Tod gesehen», entgegnet du Bois-Reymond. Er würde wieder gleich entscheiden. Erst wenn feststehe, wie die Sicherheit der Häftlinge sichergestellt wird, werde wieder geflogen, sagt er. «Wir sind auf die Akzeptanz der nigerianischen Behörden angewiesen.» Diese haben erklärt, die Schweiz dürfe nur noch freiwillige Rückkehrer zurückschaffen – was illusorisch ist, wenn die Mehrheit der abgewiesenen Asylbewerber hier «illegale Geschäfte» machen will, wie du Bois-Reymond sagt.

Unter Druck ist das BFM auch, weil der Bundesrat in Wirtschaftskrisenstimmung die Kontingente für Arbeitskräfte von ausserhalb der EU Ende 2009 halbiert hatte. Jetzt beklagen Weltkonzerne wie Google oder IBM, sie könnten Schlüsselpositionen nicht mehr mit den geforderten Spezialisten besetzen (siehe Seite 46). Die Schweiz als attraktiver Standort für globale Unternehmen scheint in Gefahr. Du Bois-Reymond will «analysieren» und lässt ein «Aussprachepapier» erarbeiten.

Delikat sind auch Asylanträge aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo: Die Rekurse eines Uiguren und eines Libyers sind vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig. Im Falle eines Algeriers lehnte das BFM den Asylantrag ab. Das Bundesverwaltungsgericht ordnete aber die Neuprüfung an. Wieder fällt auf: Du Bois-Reymond hält sich an die Fakten, lässt «analysieren», eine persönliche politische Meinung zur Aufnahme ehemaliger Guantánamo-Häftlinge ist ihm nicht zu entlocken.

Der Vater wurde im Krieg verstümmelt Die harte, faktenorientierte Haltung ist die eine Seite du Bois-Reymonds – die andere ist die des Helfers. Denn beispielsweise Süssgetränke zu verkaufen, habe er sich nie vorstellen können. Der Grund für das Helfersyndrom liegt in der Familie: Im Zweiten Weltkrieg verlor der Vater beide Beine. Der Leutnant der Deutschen Wehrmacht mit Neuenburger Wurzeln war 1944 in den belgischen Ardennen auf eine Mine getreten. Trotz der Behinderung habe er in der Schweiz eine eigene Werbeagentur aufgebaut und nach jahrelangem Training entgegen der Ärztemeinung mit Prothesen einige Schritte gehen können. «Das war sein ganz eigenes Ziel», sagt der Sohn.

Vor diesem Hintergrund zog es du Bois-Reymond nach sieben Jahren im IKRK zur Pro Infirmis. Neun Jahre leitete er die Organisation und wechselte dann zur Invalidenversicherung – was nicht gut ankam: «Du bist ein Verräter», sagten einige Kollegen. Überzeugt haben den kühlen Rechner du Bois-Reymond die Zahlen: Pro Infirmis hilft mit rund fünfzig Millionen Franken, die IV hat zehn Milliarden. Alleine altruistisch angetrieben ist du Bois-Reymond nicht: Er will seinen Einfluss steigern. Er zählt sich zu den «Machern» – so nennen sich ehrgeizige Führungspersonen heute.

Dabei wäre du Bois-Reymond der Ehrgeiz beinahe zum Verhängnis geworden. So sieht er das jedenfalls im Rückblick. Es war 1996, du Bois-Reymond arbeitete im siebten Jahr beim IKRK, seit zwei Jahren in der Genfer Zentrale. «In Burundi brach diese furchtbare Schlächterei los, und sofort war das Fieber im IKRK zu spüren, der moteur, wie man das intern nennt. Die Vorfreude auf Action, ‹Jetzt geht’s los!›, auch wenn das zynisch klingt.» Doch er habe gemerkt, dass er das nicht mehr wolle, dieses Mal wollte er sich nicht mehr vom moteur mitreissen lassen. «Meine Portion Glück war aufgebraucht, ich befürchtete, den Bogen zu überspannen.» So liess er sich in der Schweiz nieder und heiratete seine langjährige Freundin, eine Kongolesin. Sie hatte lange warten müssen: Kennengelernt hatten sie sich noch vor du Bois-Reymonds Zeit beim IKRK im Kongo, als die beiden für das deutsche Hilfswerk GTZ arbeiteten.

Es ist diese Mischung aus der glaubwürdigen Absicht, Menschen in Not helfen zu wollen, und der sachlichen Distanz, die Alard du Bois-Reymond ausmacht. «Man kann nicht nur der Gute sein, es braucht auch Strenge.»

Während es sich viele mit ähnlichem Helferinstinkt auf der Opferseite gemütlich gemacht haben und schimpfen, wie schrecklich die Behörden mit behinderten und asylsuchenden Menschen umgingen, hat du Bois-Reymond das Risiko auf sich genommen, dort zu agieren, wo er viel bewirken kann – wenn er dabei bisweilen spröde, beamtenhaft steif und emotionslos herüberkommt, scheint dies eine Folge seiner felderprobten Taschenrechner-Strategie zu sein. Es ist die innere Distanz, die er zu Opfern aufbauen musste in seinen fünf Jahren als IKRK-Delegierter auf den Kriegsfeldern. Emotional abgestumpft? Er nennt es «sachorientiert funktionieren». Denn der Getriebene, der mit der Tragbahre ins Granatfeuer renne, nütze niemandem etwas.

«Das waren keine Wilden» Fünf Jahre Frontdienst als IKRK-Delegierter, das prägt. Und du Bois-Reymond steht dazu: «Es hat etwas Drogenhaftes. Immer in aussergewöhnlichen Situationen, jederzeit kann das Leben eine dramatische Wende nehmen, nie ein Alltagstrott – das ist faszinierend.» Von dieser Sucht habe er sich gerade rechtzeitig losreissen können, erzählt der 49-Jährige in seinem Sitzungszimmer am BFM-Sitz in Bern-Wabern. Eine Sicherheitsschleuse schützt die Mitarbeiter, Kriegsgräuel scheinen fern.

Die Erinnerungen bleiben – und es ist kaum erstaunlich, dass du Bois-Reymond die Schüsse der Nomaden nicht für die eindrücklichste hält. Denn das war Afrika: fremde Menschen einer fremden Kultur, ein anderer Planet. Anders als in Bosnien: Du Bois-Reymond war in Zagreb stationiert. «Das sind Europäer in einer Stadt, die auch in Österreich hätte liegen können, abends gingen wir in die Oper.» Und am anderen Tag ging’s mit dem Jeep aufs Land, wo er Konzentrationslager sah, Hinrichtungen, misshandelte und verzweifelte Frauen und Kinder. «Das waren keine Wilden, sondern Menschen wie du und ich», sagt er. Noch nie bei seinen Einsätzen habe das IKRK so viele Delegierte zurückschicken müssen, weil sie es psychisch nicht aushielten. Auch du Bois-Reymond litt, doch die Taschenrechner-Technik half: «Wie bringe ich den Lebensmittelkonvoi durch?», darauf konzentrierte er sich. Wenn er ein konkretes Problem löse, helfe er den Opfern jeweils am meisten – und sich selber.

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Alard du Bois-Reymond's Timeline

1961
February 3, 1961