Rosa Westheimer

Meine Lieben.
Unsere letzten Briefe begegneten sich in der Luft. Das heutige Schreiben gilt nun vor allem Dir lb. Rosa.
Es naht sich bald der Tag, an Du die 80 Jahre erreicht, das ist naturlich fur uns Alle ein besonders freudiger Gedenktag, den am am liebsten mit Euch Allen dort zusammen feiern mochte, aber….
In unserem engsten Familienkreise bist Du dieeinzige, die ein solch gesegnetes Alter erreicht.
Tjherese sel. Musste schon in jungen Jahren von uns gehen, Lina sel. Is ein Opfer Hitlers geworden-und wie viele Jahre mir noch beschieden sein warden, wer Weiss es?
Dass G'tt Dich mit einem solch hohen Alter begnadete, betrachte ich als G'tte lohn fur die leibe, die Du als Tochter und Schwester, als Gattin und Mutter, als Grossmutter und urgrossmutter gespendet hast, und fur die Du, s.G.w. noch lange Jahre mehr den Dank der Beteiligten ernten mogest.
Ich mochte anlasslich Deines Geburtstages einiger Ereignisse gedenken, die vielleicht fur Deine Kinder von Interesse sein warden.
Ich erinnere michder Zeit, da Du als junges Madchen imHause von Tante Linas.A. und Onkel Lazarus s.A. in Marketbreit Deine Lehrjahre begonnen hast. Spaterhast Du in dem Juweliergeschaft Rosenau in Bad Kissingen gearbeitet .Darauf folgte, wenn ich recht erinnere, 1/2 Jahre Lehrzeit In der Kuche des Hotels Goldschmidt in Wurzberg. Die dort erworbenen Kenntnisse hast Du dann als Kochen in Hause der Familie Hirsch (?) in Frankfurt in Rhonstrasse 9 fur ungefahr 5 Jahre praktisch verwertet.
(Ich habe noch ein Buch (Choreb) von Rabb. Samson Raphael Hirsch) das mir die oben genannte Familie zu meiner Bar mitzvah schenkten. Noch sehe ich Dich von Frankfurt aus zuruckkommen, kurz vor Eurer Verlobung. Als Mitbring fur unsere lb. Mutter sel. Hast Du ihr Deine Ersparnisse Uberreicht (ich glaube es warren M. 1,200.--) die dann einen Teil Deiner Mitgift ausmachten. Von Hochberg aus kam ich zur Eurer Hochzeit (27. Januar 1896) verspatet an, in einer Einspanner-Droschke (jedenfalls war un-sere lb. Mutter sel. Schon in Verlegenheit, weil ich erst in letzter Minute eintraf).
Dannfolgten Deine arbeitsreichen Jahre in Grosseicholzhe im mit allen ihren Freuden und Leiden. Ich erinnere mich gerade Eures ersten Besuches in Mittelsinn, Julius war mitgekommen als kleines Kind. Dann gedenke ich meines Besuches bei Euch anlasslich der Brismile de lb. Emil sel. Wo ich Gevatter war, )leider musste der gute Junge so fruh von uns gehen, ein Opfer des l. Weltkrieges) Ich warbei seiner Beerdigung in Bodigheim, (von Kleinheubach aus). Nachdem wir im Jahre 1902 nach Zeitlofs Ubersiedelt warren, sahen wir Euch mit Kindern dort einigemale.
Das Jahre 1908 hat uns dann durch meine Anstellung inKleinheubach raumlich naher gebracht. Es war dann immer eine beiderseitige Freude, wennDu zu unskamst oder wenn wir Euch in "Eicholze" besuchten.
Diese innige Varbindung, die auch heute trotz raumlicher Entfernung noch dieselbe ist, wurde dann noch verstarkt dadurch, dass zeitweise immer eines Eurer Kinder bei uns in Kleinhaubach war. Zuerst Julius, der bis zu seiner Schulentlassung bei uns war dann Eugen, der wahrend seiner Lehrzeit in Miltenberg ab und zu unser Gast war. Tilde wohnte bei uns, um die Schule in Miltenberg zu besuchen und schliesslich kam Rita nach Brikenau in die Lehre wo sie dann nach getaner Arbeit in unserem Hause das "Heim"so oft als moglich aufsuchte.
So war die Verbindung, zwischenunseremn Hauser imeer eine rege, bis Hitleruns voneinander trennte. Auf unserm Wege nach Amerika konnten wir auf demHummel in Basel bei Euch Station machen und einige Tage mit Euch zusammen sei De Abschied von Euch dortselbst schien mir ein Abschied auf Nimmerwiedersehn. Zu sein -doch- zu unserer Freude durften wir Dich lb. Rosa vor einigen Jahren auf dem Flugplatz in New York wieder sehen un dann spatter die Pessachtage mit Dir zusammen hier verleben.
Nun hast Du den Hohepunkt Deines Lebens erreicht.
Ein hiesiges Television Programm nennt sich "Life starts with 80- d.h. das Leben beginnt mit 80, und tatsachlich trenten in dieser show manner und Frauen auf im Alter von 80 bis uber 90 und zeigen durch Gesang, Tanz und allerlei Kunste in welcher Geistesfrische und rustigeer Korperkraft sies ich befinden.
So wunsche ich dir zum Schluss, a uch Du sollst von den Beschwerden des hohen Alters verschont bleiben und mogest den Rest Deiner Lebens in Gesundhiet im Kreise Deiner Kinder, Enkel und Urenkel geniessen.
Euch allen wunsche ich Happy Birthday und grusse Euch (einschliesslich der Vetter und Cousinen die Ihr wohl an diesem Tage sehen wedet).
Euer Samuel

Meine Lieben Alle.
Nachden nein lieberf Mann in grossen Zugen und so schonen Worten Deninen Leben lauf geschildert hat, lb. Rosa, mochte ich nun weiterfahren vonder Zeit an, als ich als Glied in die Familie Gundersheimer eintrat und zwar war das im Jahre 1913. Ich habe Dich in Erinnerung als "helping hand" wie man hier sagt vom Moment an als ich Dich kennen lernte in Kleinheubach. Eswar im kalten Winter 12/13 als meine sel. Mutter und ich in Kleinheubach Euch bensuchten. Du bist dagewesen zum feierlichen Emmpfang nachts um 1 Uhr Schabbos Nacht und wie ich gleich sehen konnte, hattest Du Dichnutzlich gemacht um Deiner sel.Mutter zu entlasten. So bist Du stets dagewesen, als es zu helfen gal und zwar habeich das besonders in Erinnerung 1918 die schweren Tage der Grippeals wir Alle krank lagen und lb. Terese die Krankheit hicht uberstehen konntSo hast du es stets weitergefuhrt under Allmachtige hat Dir die Kraft gegeb brn, Dei ne Tatigkeit fortzusetzen bis ins hohe Alter und so mogees bleiben noch viele, viele Jahre zum Gluck und zur Freude der ganzen Famillie. Das ist mein innigster und herzlichster Wunsch. Im Geiste warden wir Deinen Ehrentag mit Euch feiern undsehen Dich strahlend, umgeben von Deinenlb. Kindern dort, Deinen Enkel und Urenkelchen. Little Claudio der Jungste Stern in der Familie dort wird wohl schon sein Verschen sagen konnen. Sicher habendie Lieben alle eine schone Feier vorbereitet, geniesse es, lasse Dich verwohnen und bemuttern wie Du es stets getan fur allerseits.
Noch herzliche Grusseund Kusse Bert.

Meine Lieben.
Von allem Dir lb. Tante herzlichste Gluckwunsche zudem besonderen Gluck den achtzigsten Geburtztag in Gesundheit im Kreise Deiner Lieben verbringen zu durfen. Ich las grade das herzliche Schreiben des lb. Papa, welcher uns allegewiss trotz der raumlichen Entfernung an diesem Tage in Euere Mitte vesetz so manches Interessante aus Deiner Vergangenheit erfuhr heute zum ersten Mal. Unsere Besuche in "Eicholze" von Bruchenau aus habenaturlich noch selbst in gutter Erinnerung, besonders mein letzter Besuch dort vor meiner Auswande-rung. Solch inniges Familiengefuhl wie wir es vor uns sahen ist was sehr sel tenes in unserer neuen Umgebung, aber es ist gewiss nahchmungswert. Ich wunschze dir und Euch allen noch weiter viele freudige Jahre in Gesundheit zusan men . herzliche Grusse an die ganze Mischboche.
Euer Ernst